GATS stoppen: Public services under public control!
Das GATS ist ein wichtiger Bestandteil dieser neoliberalen Globalisierung im Dienste der Herstellung eines Weltmarktes mit nie kaum noch beschränkter Mobilität des Kapitals. In den 90er Jahren drehten sich die Verhandlungen v. a. um Deregulierung derjenigen Dienstleistungssektoren, die in der Vergangenheit von nationalen Monopolen beherrscht wurden: Telekommunikation, Finanzdienstleistungssektor, Tourismus, Medien, Post, Bahn, Elektrizität. Bis Ende Juni 2002 mussten alle WTO-Mitglieder im Zuge einer zweiten Verhandlungsrunde ihre Marktöffnungsforderungen („requests") übermitteln. Ende März 2003 sind all jene Bereiche zu benennen, die die Mitgliedsländer selbst zu liberalisieren bereit sind („offers")". Auf Grundlage dieser Forderungen und Angebote werden dann neue, erweiterte GATS-Verpflichtungen ausgehandelt, die im Januar 2005 in Kraft treten sollen. (Für die EU-Mitgliedstaaten führt die Europäische Kommission die GATS-Verhandlungen, wobei auf deutscher Seite das Bundeswirtschaftsministerium federführend ist.)
In der aktuellen Verhandlungsrunde geht es vor allem um bislang noch „geschützte" öffentliche Einrichtungen bzw. Grundgüter des Lebens - Wasser, Bildung, Gesundheit, Altersvorsorge und Kultur. Entgegen anders lautender Beteuerungen von Bundesregierung und EU-Kommission sieht der GATS-Text eine Ausnahme für „hoheitlich erbrachte Dienste" nur dann vor, wenn sie „weder zu kommerziellen Zwecken noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren Dienstleistungserbringern" erbracht werden. Aber: in bestimmt 90 Prozent aller Länder existieren neben staatlichen Schulen, Universitäten, Krankenhäusern etc. auch ein paar private Einrichtungen, die in diesen Bereichen ihre Dienste anbieten. Es ist also davon auszugehen, dass grundsätzlich kein Dienstleistungssektor vom GATS ausgenommen ist. Es ist lediglich eine Frage der Interessen der einzelnen WTO-Mitglieder sowie des politischen Drucks, welche Bereiche inwieweit dann auch praktisch zum Gegenstand der Verhandlungen werden und wo die Bestimmungen des GATS-Vertrages schlussendlich auch politisch-juristisch durchgesetzt werden.
GATS: Liberalisierung ohne Ende!
Die Liberalisierung des Welthandels wird vor allem von den wirtschaftlich starken kapitalistischen Industrienationen vorangetrieben, die unter Bedingungen verschärfter internationaler Standortkonkurrenz um die vorteilhaftesten Kapitalverwertungsbedingungen und profitträchtigsten Absatzmärkte kämpfen. Die Europäische Union ist neben den USA, Kanada und Japan als treibende Kraft an den Verhandlungen beteiligt. Begleitet werden die Verhandlungen von einem systematischen Lobbying pro Liberalisierung von Seiten der großen Dienstleistungskonzerne. Neben Banken und Versicherungen zählen große Wasserversorger, Energie-, Bildungs- und Gesundheitskonzerne (z. B. Vivendi, Suez, RWE) zu den Profiteuren des GATS.
Betrachtet man die Liberalisierungsforderungen der EU wird jedoch auch die Widersprüchlichkeit ihrer eigenen Politik deutlich. So fordert sie z.B. als einziges WTO-Mitglied die Liberalisierung der Wasserversorgung; darüber hinaus will sie außerhalb ihres Gebietes den ungehinderten Zugang zu Abfallmärkten, zum Energiebereich, zu Teilbereichen des Transports und zu Post- und Umweltschutzdiensten. Außerdem wurde gegenüber den USA nun doch verlangt, dass diese im Bereich der privat finanzierten höheren Bildungsdienstleistungen mit den GATS-Verpflichtungen der EU gleichziehen. Zunächst bedeuten die eigenen Forderungen nicht, dass im Gegenzug diese Bereiche in den eigenen Ländern gleichermaßen liberalisiert werden müssten. Ausnahmeklauseln zum Schutz der eigenen Märkte vor ausländischer Konkurrenz sind zeitweise möglich, wovon die EU bislang auch reichlich Gebrauch gemacht hat. So bleiben ihre jüngsten Liberalisierungsangebote auch noch deutlich hinter ihren Forderungen zurück. Anders als z. B. die EU können sich ökonomisch schwächere Staaten hingegen dem - nicht nur vom GATS sondern gleichzeitig auch von Institutionen wie IWF und Weltbank ausgehenden - Privatisierungsdruck kaum widersetzen.
Zudem zeigen die Erfahrungen vergangener Verhandlungsrunden, dass in den wichtigsten Streitfällen zwischen den Handelspartnern erst in letzter Minute Vereinbarungen erzielt worden waren, bei denen neben den prioritären Verhandlungsgegenständen sehr viele weitere Branchen und Bereiche mit einbezogen wurden. Gibt es einmal einen Kompromiss, ist der Druck sehr groß, nicht wegen einzelner Sektoren das Gesamtpaket wieder "aufzuschnüren".
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Letztlich werden Zugeständnisse gemacht werden müssen, will man den eigenen Marktzugang in Drittländern sichern.
Soziale Auswirkungen des GATS
Nationale Arbeits-, Sozial- oder Umweltstandards werden so ausgehebelt, ohne das auf globaler Ebene gleichwertige Regelungen treten würden. Ob eine Leistung durch Kinderarbeit oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen erbracht wird, ist egal, wenn nur das Produkt betrachtet wird. Was droht, ist ein Unterbietungswettlauf durch unterschiedliche arbeits-, sozial-, umweltrechtliche Normen.
GATS-Verhandlungen: Geheimdiplomatie statt Demokratie
Kernproblem ist: Mit dem GATS soll ein weltweiter Markt ohne jegliche politische Steuerung geschaffen werden. Ein privater oder deregulierter Dienstleistungsbereich ist jeglicher demokratischer Kontrolle und Gestaltung unzugänglich. Aber: Nur wenn die Bereiche der Daseinsvorsorge öffentlich verfasst sind, sind sie entsprechend politisch beeinflussbar und potentiell demokratisierbar.
JungdemokratINNen/ Junge Linke Berlin fordern:
- Keine Privatisierung öffentlicher Dienste - Stoppt GATS!
- Öffentliche Dienste unter demokratische Kontrolle!
- Radikale Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums zugunsten der Länder der „Dritten Welt" statt rücksichtsloser Liberalisierung des Welthandels!
- Für arbeits- und sozialrechtliche Mindeststandards weltweit!
- Demokratisierung statt privater Profitmaximierung!
Beschluss der ersten Landeskonferenz 2003 der JD/JL Berlin
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